Im Interview mit SPIEGEL ONLINE bezeichnet der Leiter der Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe“, Prof. Dr. Jürgen Zimmerer, die Anfang 2017 eingereichte Klage von Nachkommen der Herero und Nama vor einem Gericht in New York als „Desaster“ für Deutschland.
Deutschland sei „für manche im Umgang mit seinem kolonialen Erbe in Namibia ein Vorbild – eben weil es direkte Verhandlungen mit der Regierung gibt.“ Doch die Weigerung, die Nachfahren der Opfer in die Verhandlungen zu involvieren und direkt an Gesprächen zu beteiligen, habe dazu geführt, dass Deutschland durch die Klage „international am Pranger“ stünde. Zimmerers Fazit: „Das hätte man verhindern müssen und mit mehr Entgegenkommen wohl auch verhindern können.“
Die Fragen der Anerkennung und Entschuldigung sind dabei ursächlich mit der Frage nach Reparationen verknüpft. Nach Presseberichten geht die namibische Regierung von einer Forderung nach 30 Milliarden Euro aus, das Zweifache des jährlichen namibischen Bruttoinlandsprodukts. „Deutschland verweist dagegen auf Budget- und Entwicklungshilfe in der Vergangenheit und bietet Zahlungen an, allerdings nur für Aussöhnungs- und Entwicklungsprojekte.“ So Zimmerer.
Prof. Dr. Jürgen Zimmerer schließt auch weitergehende Forderungen anderer ehemalig unter deutscher Kolonialherrschaft stehender Staaten nicht aus. Die Verhandlungen zwischen Namibia und Deutschland würden international genau beobachtet. „Tansania ist etwa interessiert, weil dort unter deutscher Herrschaft allein im Maji-Maji-Krieg von 1905 bis 1907 noch weit mehr Menschen starben als in Namibia.“