Die Debatten um die Restitution von Objekten aus kolonialen Kontexten sind Thema im zweiten Teil des Interviews von Prof. Dr. Jürgen Zimmerer mit ‚Forum Zeitgeschichte‘ von NDR-Info. Teil 1 widmete sich der deutschen Kolonialgeschichte und insbesondere der Auseinandersetzung mit dem Genozid an den Herero und Nama (hier unsere Meldung ).
Prof. Dr. Jürgen Zimmerer wies in diesem Teil des Interviews besonders auf einige Absurditäten der Debatten um Raubkunst hin. So verweigerten sich viele europäische Museen etwa der Restitution von Benin-Bronzen komplett, obwohl sie oft nur einen Teil ihrer Bestände ausstellen und die Mehrheit in Magazinen liege. In vielen Herkunftsgesellschaften sind die Kunstwerke dagegen überhaupt nicht im Original sichtbar, was den von einigen Museen formulierten Anspruch eines gemeinsam verwalteten Welterbes konterkariere: „Im Sinne kulturellen Austausches muss man die Menschen in die Möglichkeit versetzen, die Kunst ihrer Vorfahren ansehen zu können.“ Das sei aber aufgrund der finanziellen Bedingungen und den europäischen Visavergaben aktuell kaum möglich. Daher stellte Zimmerer die Forderung, dass entweder Restitutionen – möglicherweise mit einigen Rückleihen nach Europa – oder der Austausch mit anderen Kunstgegenständen erfolgen müsse.
Entschieden stellte sich Zimmerer der Behauptung entgegen, dass die Debatten um Restitutionen nur moralisierend geführt würden. Die Frage beträfe zentral das europäische Selbstverständnis; so entstanden Völkerkunde-Museen in „symbiotischer Beziehung zum Kolonialismus“ und beförderten so das europäische Überlegenheitsdenken. Auch für die Zukunft sei das Thema von höchster Relevanz: „Es ist im Interesse Europas, sich über die koloniale Vergangenheit klar zu werden, um auch eine neue Rolle im 21. Jahrhundert zu finden.“
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