Hamburg, den 22. Mai 2024

Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen hat die erneute öffentliche Auslegung des Bebauungsplans für drei Wasserhäuser im Baakenhafen bekanntgegeben. Vom 17. bis 31. Mai 2024 haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, zu den geplanten Änderungen und Ergänzungen des Bebauungsplan-Entwurfs HafenCity 19 Stellung zu nehmen.

Als Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe“ weisen wir in diesem Zusammenhang auf die historische Bedeutung des Petersenkais im Baakenhafen hin, die im aktuellen Bebauungsplan nicht berücksichtigt wird. Dieser historische Ort ist eng mit dem Völkermord an den Herero und Nama verbunden, der in Deutsch-Südwestafrika zwischen 1904 und 1908 verübt wurde. Unsere Forschungen haben gezeigt, dass von dem Ort, an dem die neuen Gebäude entstehen sollen, die Schiffe nach Deutsch-Südwestafrika (Namibia) in den Genozid abfuhren. Von Januar 1904 bis Mai 1907 wurden über 18.000 Soldaten und mehr als 11.000 Pferde am Petersenkai ein- oder ausgeschifft. Bei den Abfahrten und Ankünften wurden offizielle Feiern am Petersenkai organisiert, bei denen Hamburger Regierungsvertreter und Zuschauer:innen die Soldaten feierlich verabschiedeten. Dies war die letzte Station der Soldaten an europäischem Festland vor ihrer etwa 30-tägigen Reise nach Deutsch-Südwestafrika. Es handelt sich damit um einen der wenigen authentischen Orte in Deutschland, die unmittelbar mit dem ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts verbunden sind. Der Petersenkai am Baakenhafen ist deshalb ein zentraler Gedenkort an den Kolonialismus im Sinne des neuen erinnerungspolitischen Rahmenkonzepts der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, Claudia Roth. Diese sollen in Zukunft besonders hervorgehoben werden.

Es wäre unverzeihlich, wenn durch die geplante Bebauung im Baakenhafen Fakten geschaffen würden, die ein Gedenken an dieses dunkle Kapitel unserer Geschichte unmöglich machen. Wir fordern daher die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen sowie die Verantwortlichen des Bebauungsplans dazu auf, die historische Bedeutung des Baakenhafens angemessen zu berücksichtigen. Es ist für die Zukunft des kolonialen Erbes in Hamburg entscheidend, dass ein Ort des Gedenkens und der Aufarbeitung geschaffen wird, der an die Opfer des Kolonialkriegs und die Rolle Hamburgs erinnert. Nur so kann ein verantwortungsbewusster Umgang mit Hamburgs kolonialem Erbe gewährleistet werden.

Wir schlagen daher vor, auf dem Baakenhöft ein Dokumentationszentrum für die Geschichte des kolonialen Genozids zu errichten und damit einen Lern- und Gedenkort für den Kolonialkrieg und die Rolle des Hamburger Hafens darin zu schaffen. In jedem Fall müssen die Auswirkungen der Bebauung auf ihre erinnerungspolitischen Konsequenzen in die weitere Planung einbezogen werden, bevor durch die Bebauung unumkehrbare Fakten geschaffen werden.

Weitere Informationen zum Bebauungsplanentwurf: Bebauungsplan HafenCity 19 Wasserhäuser Planeinleitung Bauleitplanung Hamburg-Mitte – FHH – hamburg.de

Kontakt für Nachfragen

Prof. Dr. Jürgen Zimmerer

juergen.zimmerer@uni-hamburg.de

Literatur

Jan Kawlath: Der Baakenhafen. Inszenierungsort für Vorstellungen von Deutschland als Kolonialmacht, in Jürgen Zimmerer, Kim Sebastian Todzi (Hrsg.): Hamburg: Tor zur kolonialen Welt. Erinnerungsorte der (post-)kolonialen Globalisierung, Hamburg 2021, S. 67-81.

Kim Sebastian Todzi: Unternehmen Weltaneignung. Der Woermann-Konzern und der deutsche Kolonialismus, 1837-1916, Hamburg 2023.