Von Jan Kawlath

Als ein (post-)kolonialer Erinnerungsort hat der Baakenhafen mehrere wichtige Ebenen. Die erste Ebene betrifft den aktuellen Umgang mit der Kolonialgeschichte im Baakenhafen und in der HafenCity. Im Sommer 2021 wurde am östlichen Ende des Hafenbeckens der »Amerigo Vespucci Platz«, als größter öffentlicher Platz in der HafenCity, eröffnet. Laut des Beschlusses von 2013 zur Namensgebung, soll damit an die „alten und neuen überseeischen Verbindungen Hamburgs als Welthafenstadt“ und die Rolle von sogenannten „Entdeckern“ bei der Schaffung globaler Handelsbeziehungen erinnert werden.[1] In ähnlicher Weise wurden in der gesamten HafenCity Straßen und Plätze benannt, worin sich eine verklärende Sichtweise auf die Kolonialgeschichte ausdrückt. Zusätzlich zur aktuellen Praxis der Namensgebung hat der Baakenhafen als (post-)kolonialer Erinnerungsort noch weitere historische Bedeutungsebenen.

Aus wirtschaftlicher Perspektive war er als Teil des Freihafens in Hamburg in ein globales Wirtschaftssystem eingebunden, welches in die jahrhundertelange Kolonialgeschichte verwoben und davon geprägt war. Die dort ansässigen Reedereien transportierten aber nicht nur Konsumwaren und -güter, sondern auch Menschen zwischen dem europäischen Kontinent und verschiedenen Kolonialgebieten hin und her. Im Auftrag der deutschen Regierung wurden auf den Schiffen auch deutsche Kolonialsoldaten mit samt ihrer Ausrüstung verschifft, um die deutsche »Weltpolitik« und die Machtansprüche in den deutschen Kolonien mit Gewalt durchzusetzen und abzusichern.

Um diese Truppentransporte herum gab es in Hamburg immer wieder öffentliche Feiern, an denen hunderte von Personen teilnahmen und die Beispiele für das große Interesse unter den Bewohner*innen Hamburgs für koloniale Themen sind.  Verschiedene Akteur*innen aus Politik, Wirtschaft und vom Militär haben diese Feiern immer wieder als Bühne genutzt, um eigene Interessen zu verfolgen. Der Hamburger Senat und unterschiedliche Hamburger Reedereien präsentierten sich hier als zentrale Akteure der Kolonialpolitik und kolonialen Weltwirtschaft, während das Militär die eigene Rolle für die Umsetzung dieser Ziele demonstrierte. Die Soldaten wurden im Namen des Hamburger Senats verabschiedet sowie begrüßt und erhielten Geschenke vom Senat, um sie in ihrem Kampf für die gewaltvolle Durchsetzung deutscher Kolonialpolitik zu unterstützen.

Der Baakenhafen war nicht der einzige Ort in Hamburg, an dem diese Inszenierungen stattfanden. Er eignet sich aber besonders gut, um aufzuzeigen, wie in Hamburg eine spezifische Feierkultur entstanden ist und diese über verschiedene Kolonialkriege hinweg aufrechterhalten wurde.

Mehr zum Thema finden Sie im Band: Hamburg: Tor zur kolonialen Welt. Erinnerungsorte der (post-)kolonialen Globalisierung


[1] HafenCity GmbH: Informationen zur Namensgebung des Amerigo-Vespucci-Platzes, 04. Juni 2021. https://www.hafencity.com/_Resources/Persistent/5/8/3/4/58343f08ee810226c7edcd2740c0312c2f61f8e9/210604_Namensbenennung_AVP-Platz.pdf , (zuletzt aufgerufen am 14.6.2021).