Während die Verhandlungen der Bundesregierung mit Namibia über Anerkennung, Entschuldigung und Wiedergutmachung des Völkermords laufen, wurde Anfang Januar von Vertretern der Herero und Nama vor einem Gericht eine Sammelklage auf Entschädigung und Beteiligung an den Verhandlungen eingereicht. Im Februar wurde nun bekannt, dass auch die tansanische Regierung Entschädigungsforderungen für die unter deutscher Kolonialherrschaft begangenen Verbrechen während des Maji-Maji-Krieges (1905-1907) erwägt.
Zum historischen Hintergrund und der Bedeutung dieser Forderungen befragte DER SPIEGEL den Leiter der Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe“ Prof. Dr. Jürgen Zimmerer. Er bestätigte den gewalttätigen Charakter der deutschen Kolonialerrichtung: „Widerstand wurde fast jedes Mal brutal niedergeworfen. …Es wurden Strafexpeditionen in Marsch gesetzt…: in Südwestafrika, in Ostafrika, aber auch in Togo, Kamerun oder in der Südsee.“
Nachdem das öffentliche Interesse lange Zeit gering gewesen sei, ändere sich das aber gerade, wobei das Ganze auch politische Auswirkungen habe, wie die Wiedergutmachungsforderung der Herero und Nama beweise. Ob Klagen auf Wiedergutmachung Erfolg haben, sei jedoch fraglich. Das sei „eher eine moralische als eine juristische Frage“.
Mit der Resolution des Deutschen Bundestags zur Anerkennung des Völkermordes an den Armeniern, habe sich Deutschland jedoch selbst unter Zugzwang gesetzt. Denn „wer für sich eine besondere moralische Integrität in Anspruch nimmt,“ so Zimmerer, „muss sich daran eben selber messen lassen.“ Dass sich nun die Tansanier mit Entschädigungsforderungen melden, überrasche kaum, meint Zimmerer, der die Möglichkeit nicht ausschließen wolle, dass diese Fragen auch in Togo, Kamerun und der Südsee virulent werden.
Fotos der Fassadenreliefs von Hermann von Wissmann, Emil von Zelewski und Lothar von Trotha (c) Jürgen Zimmerer