Die Universität Hamburg und das Übersee-Museum Bremen untersuchen in einem vierjährigen Forschungsprojekt die Provenienzen kolonialzeitlicher Afrika-Sammlungen aus dem Übersee-Museum. Initiatoren des Kooperationsprojektes sind Prof. Dr. Jürgen Zimmerer (Universität Hamburg – Arbeitsbereich Globalgeschichte) und Prof. Dr. Wiebke Ahrndt (Übersee-Museum Bremen). Die historische und ethnologische Auseinandersetzung mit der kolonialen Sammlungsgeschichte wird im Rahmen der Initiative der Volkswagenstiftung „Forschung in Museen“ umfangreich gefördert und von drei Doktorand*innen des Historischen Seminars der Universität Hamburg, Ndzodo Awono, Sara Capdeville und Christian Jarling, erforscht.
Ethnologische Museen sind Orte einer geteilten Erinnerungskultur. Aus der Sicht der Herkunftsgesellschaften bildet die Frage, warum bestimmte afrikanische Kulturschätze in europäischen Museen bewahrt werden, einen wichtigen Teil des kulturellen Gedächtnisses. Gleichzeitig ist die in der Hochphase der deutschen Kolonialgeschichte gegründete Institution an der Beantwortung der offenen Fragen zur Erwerbs-, Sammlungs- und Institutionsgeschichte interessiert, denn Informationen zur Provenienz von Sammlungen sind meist nur spärlich vorhanden.
Das am Übersee-Museum angesiedelte Projekt verfolgt das Ziel, die Herkunft und Geschichte der Sammlungen aus Kamerun, dem ehemaligen Deutsch-Ostafrika (Tansania, Burundi, Ruanda) und Deutsch-Südwestafrika (Namibia) zu erforschen. Das innovative Projekt untersucht die Entstehungsgeschichte kolonialer Sammlungen, aus der Perspektive afrikanischer sowie deutscher Akteure. Dafür geht die akteurszentrierte Untersuchung den Fragen auf den Grund, wie Sammler außereuropäische Gegenstände zusammengetragen haben sowie welche Handlungsspielräume dabei die Vertreter der Herkunftsgesellschaften hatten. Vorstellungen von der unumstrittenen Rechtmäßigkeit des Erwerbes auf der einen und der völligen Machtlosigkeit der Herkunftsgesellschaften im kolonialen Unrechtssystem auf der anderen Seite, werden dabei hinterfragt.
Afrikanische Kulturobjekte, die koloniale Geschichten erzählen, werden am Übersee-Museums mittels interdisziplinärer Forschungsansätze – der musealen Objektforschung, der historischen Provenienzforschung sowie der Feldforschung – untersucht. Wichtige Ansprechpartner wie Museen und Repräsentanten der Communities in den jeweiligen Herkunftsländern werden einbezogen. So können Fragen der Entstehungszusammenhänge, der materiellen Aneignung deutscher Kolonien und der (Un-)Rechtmäßigkeit kolonialzeitlicher Sammlungen unter Berücksichtigung ethischer Grundsätze beantwortet werden.