Die u.a. von Prof. Dr. Jürgen Zimmerer angestoßene Debatte um die kolonialen Leerstellen im Berliner Humboldt-Forum nahm im Sommer deutlich an Intensität zu. Nun widmete sich auch die Kunstzeitung dieser Debatte und ließ mit Prof. Dr. Katharina Schramm, Prof. Dr. Viola König und Prof. Dr. Jürgen Zimmerer drei ExpertInnen zu Wort kommen.
Prof. Dr. Katharina Schramm, Professorin für Sozial- und Kulturanthropologie neuerdings in Bayreuth, meint das Humboldt-Forum werfe drei brisante Fragen und Kritikpunkte auf: Erstens die Frage der Provenienzforschung, zweitens bleibe unklar, wie in diesem Rahmen der koloniale Blick auf „außereuropäische Kulturen“ diskutiert werden könne und drittens gäbe es bereits lange eine kritische Auseinandersetzung durch postkoloniale Initiativen und das Humboldt-Forum müsse auf diese reagieren.
Prof. Dr. Viola König, Direktorin des Ethnologischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin, verteidigt die Idee des Humboldt-Forums. Sie meint das geplante Museum böte ein Forum für einen „‘Dialog mit der Weltgesellschaft‘ und gegen die ‚koloniale Amnesie‘ in der Mitte Berlins“.
Prof. Dr. Jürgen Zimmerer wiederum bemerkt, dass unklar sei, ob das Humboldt-Forum „einen angemessenen Umgang mit einem kardinalen Geburtsfehler findet, seinem kolonialen Kern.“ Zimmerer umreißt drei Problemkomplexe, auf die das Humboldt-Forum antworten finden müsse: Erstens, müsse die problematischen Provenienzen der „kolonialen Sammlungen“ geklärt werden. Zweitens müsse „die Rolle der ethnologischen Ausstellung bei der Produktion des kolonialen Blicks und letztendlich der kolonialen Herrschaft zum Thema“ gemacht werden. Drittens verbinde sich im wiederaufgebauten Stadtschloss der Hohenzollern die Diskussion um das Humboldt-Forum mit der schwierigen Aufarbeitung des Völkermordes an den Herero und Nama, da es Sitz Kaiser Wilhelms II. war, „in dessen Namen der Genozid und andere Gräueltaten verübt wurden“.