Die Auseinandersetzung mit Deutschlands historischer Verantwortung droht zur Farce zu verkommen, warnt Prof. Dr. Jürgen Zimmerer in seinem jüngsten Gastkommentar auf Stern.de. Während sich die Anerkennung des ersten Genozids im 20. Jahrhundert hinzieht und eine offizielle Entschuldigung nach wie vor ausständig ist, sei Deutschlands Reputation nachhaltig beschädigt.

Das ursprüngliche Wohlwollen auf namibischer Seite gegenüber einer gemeinsamen Auseinandersetzung mit der geteilten Geschichte hat sich angesichts des Vorgehens auf deutscher Seite ins Gegenteil verkehrt: Die namibische Regierung fordert mittlerweile 25 Milliarden Euro Entschädigung. Vertreter*innen der Herero verlangen ihrerseits nochmals 50 Milliarden an Reparationszahlungen – auch aus Ärger und Verbitterung darüber, dass Herero und Nama, wiewohl Hauptopfer, an den Verhandlungen kaum beteiligt sind.

Sie brachten daher im Januar 2017 in New York eine Klage gegen Deutschland ein. Das Verfahren konnte bislang nicht eröffnet werden, weil die Bundesregierung auf dem Argument beharrt, die Klageschrift sei nicht zustellbar. Das US-Außenministerium prüft derzeit das Ersuchen, die Zustellung der Klageschrift bis zum erneut vertagten Anhörungstermin am 25. Januar 2018 auf diplomatischem Weg zu übernehmen. „Dass die auf Aussöhnung mit den Herero und Nama ausgerichteten Verhandlungen nun auch zum Spielball der deutsch-amerikanischen Beziehungen werden, beeinflusst auch vom Geschichtsbild der derzeitigen US-Regierung, ist skandalös und für alle Seiten entwürdigend“, stellt Zimmerer fest.

„Nach zweijähriger Verhandlung sind in Namibia die meisten Opfer verärgert, die für Wiedergutmachung genannten Zahlen sind exponentiell gewachsen, und Deutschland hat international an Reputation verloren“, resümiert er. Angesichts der fatalen Situation fordert er „einen Neustart und eine breite zivilgesellschaftliche Diskussion darüber, wie man sich zu diesem Teil der rassistischen und genozidalen Geschichte stellen will.“

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