Von Hannah Feder
Unter dem Titel „Die Säule von Cape Cross – Koloniale Objekte und historische Gerechtigkeit“ fand sich eine Gruppe von Expertinnen und Experten aus Politik, Universitäten und Museen aus Afrika und Europa zusammen, um im Schlüterhof des Deutschen Historischen Museums (DHM) zu diskutieren, was mit einer steinernen Wappensäule, die in kolonialen Kontexten in die Bestände des DHM gelangte, geschehen soll.
Das DHM steht schon seit geraumer Zeit in Kritik für die Darstellung des (deutschen) Kolonialismus in der Dauerausstellung des Hauses[1]. Auch nach der Sonderausstellung „Deutscher Kolonialismus. Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart“ 2016/17 bleibt die Dauerausstellung und damit auch die Kritik bestehen. Am 7. Juni 2018 fand hier jedoch ein historisches Event statt: Ein öffentliches Symposium, bei dem die Rückgabe von Kulturgutdebattiert wurde.
Konkret ging es dabei um ein Steinkreuz, welches namibische, portugiesische und deutsche (Kolonial-)Geschichten vereint. Dieses Padrão, eine Markierung des portugiesischen Herrschaftsanspruches und Landschaftsmarker, wurde bereits 1486 im Namen des portugiesischen Königs an der namibischen Küste aufgestellt. Im Zuge der deutschen kolonialen Expansion wurde knapp 400 Jahre später das heutige Namibia als „Deutsch-Südwestafrika“ dem Kaiserreich einverleibt. In diesem Zusammenhang ließ man das Padrão abbauen und brachte es nach Deutschland und schließlich nach Berlin. An der Küste Namibias wurde indessen eine Replik mit deutscher Inschrift und Reichsadler als Zeichen der kaiserlichen Herrschaft aufgestellt. Bis heute ist der betreffende Küstenabschnitt (zumindest für europäische Menschen) als Kreuzkap bekannt.
Mit dieser sehr knappen Objektbiographie des Padrão kann die Umdeutung der namibischen Geschichte in eine der europäischen Entdeckung und Beherrschung erzählt werden, die lokale Geschichtsperspektiven außer Acht lässt: Das Objekt selbst wird so zum Symbol illegitimer Fremdherrschaft mit all ihren Konsequenzen. Auch heute ist das „Cape Cross“ im DHM in der Sektion „Entdeckungen“ ausgestellt – namibische Akteure und Akteurinnen oder Geschichtsnarrative aus namibischer Perspektive fehlen auch hier immer noch und die Kolonialgeschichte wird nicht erzählt. Mit dem Symposium im Schlüterhof sollte sich diesem Defizit genähert werden.
Unter dem Glasdach des ehemaligen Paradehofes zur Präsentation von Geschützen brachte die Sommersonne das Publikum ordentlich ins Schwitzen und unterstützte damit das Gefühl von Anstrengung, das den Rückgabedebatten um Objekte kolonialer Provenienz insgesamt anhaftet. Hitzige Debatten oder gar Kontroversen blieben jedoch weitestgehend aus. Es entstand vielmehr der Eindruck, dass sich alle Teilnehmenden im Grunde einig waren: Es war zu lange still, die koloniale Vergangenheit wurde zu lange verdrängt und nun muss etwas passieren.
In diesem Tenor begrüßten dann auch Raphael Gross (Präsident des DHM), Monika Grütters (Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien) und S. E. Andreas B. D. Guibeb (Botschafter Namibias in der BRD) die Symposiumsgäste. Dabei muteten einige Ausführungen in den politisch motivierten Ansprachen nicht nur selbstreferenziell an, sondern bedürfen eines kritischen Blickes hinsichtlich ihrer Argumentationen.
Seit 2017 liege ein erstes – so Gross in seiner Begrüßung – diplomatisches Restitutionsersuchen aus Namibia vor. Diese Formulierung ist interessant, zeigt sie doch recht eindrücklich welche internationalen Stimmen (nämlich nationale Regierungen und Regierungsvertretende) gehört werden und welche nicht. Um ernst genommen zu werden, müssen Rückforderungen durch staatliche Entitäten ausgedrückt werden. Für den weiteren Umgang mit der Steinstele schlug Gross eine „offene Form von Ausstellung“ vor. Ziel sei es zu symbolisieren, dass „auch hier namibische Geschichte anerkannt wird“ und die unzulängliche Repräsentation von Kolonialismus im DHM zu verbessern. Als Antwort auf ein konkretes Restitutionsersuchen scheint diese Herangehensweise jedoch etwas dürftig, bezieht sie sich doch vorwiegend auf die Außenrepräsentation der eigenen Institution und lässt konkrete Vorstellungen davon, wie eine solche Ausstellungsform aussehen soll und wer sie mitgestaltet, aus. Als Handlungsvorschlag im Kontext von Debatten um in der Kolonialzeit entwendete Objekte ist dieser Vorschlag nicht ausreichend.
Als Grütters das Podium betrat, leitete sie mit einer persönlichen Begrüßung Guibebs ein und drückte dabei ihre Freude aus, diesen im DHM kennengelernt zu haben, um dann eine Verbindung über gemeinsame Vorfahren und Sprache herzustellen: „ein schlesischer Großvater und er spricht fließend deutsch“. Mit dieser Äußerung ihre Ansprache zu beginnen ist nicht nur unglücklich gewählt, sondern – zumal hier der Eigenbezug wichtiger erscheint, als die konkreten Anliegen, die diskutiert werden sollten – sehr problematisch.
Grütters nutzte ihre Ansprache außerdem um den vom Deutschen Museumsbund herausgegebenen „Leitfaden zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“ im Sinne eines wichtigen Schrittes für die weitere Aufarbeitung von Kolonialgeschichte durch Provenienzforschung hervorzuheben. Sie plädierte dafür, auf die Stimmen Afrikas und Asiens zu lauschen. Dabei wolle sie Museen unterstützen, damit sich der „Erinnerungsarbeit mit Aufrichtigkeit und Nachdruck“ gestellt werden kann. Um eine Lösung für besagten Umgang zu finden sei es nötig, Leitlinien zu haben. Es bleibt fraglich, inwiefern afrikanische und asiatische Stimmen jedoch im Prozess der Ausarbeitung dieses Konzeptes zukünftig miteingebunden werden – bislang blieb man auf diesem Ohr noch etwas taub.
Indem er die Rückgabeforderung seitens der namibischen Regierung mit stereotypen Argumenten der Verbundenheit legitimierte, zeigte auch Guibeb in seiner Ansprache, dass in diesem Symposium weit mehr als eine Objektgeschichte, und auch viel breiter gefächerte (politische) Diskurse verhandelt wurden. Er betonte, Namibia sei „organisiert“ – was mit der engen Verknüpfung der Länder Namibia und Deutschland zusammenhänge. Implizit in dieser Aussage werden vermeintliche deutsche Tugenden der Ordentlichkeit und Effizienz als positiv konnotiertes koloniales Erbe Namibias suggeriert. Menschen von außerhalb sagen angeblich nach einem Besuch, so Guibeb, „This is not Africa – it is too organised“. Man brauche sich also keine Sorgen zu machen, dass die Steinstele oder auch andere Objekte in Namibia nicht ordnungsgemäß verwahrt werden, beteuerte Guibeb.
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass diese Sorgen ansonsten berechtigt sind und für den Rest Afrikas durchaus gelten. Das ist jedoch enorm stereotyp, bedenkt man etwa die Debatten um die Eigentumsrechte an den Benin-Bronzen. Diese Objekte aus dem heutigen Nigeria sind mittlerweile zu Ikonen von Restitutionsdebatten von in der Kolonialzeit entwendeten Kulturgütern geworden. In den schon seit Dekaden geführten Debatten wird den nigerianischen Museen und dem Staat Nigeria als Ganzes repetitiv die Mündigkeit und Kompetenz abgesprochen ihr kulturelles Eigentum zu bewahren. Nach Guibebs Aussage ist das offenbar legitim. Der europäische Überlegensheitsdünkel findet auf diese und andere Weise auch in den aktuellsten Diskussionen Niederschlag und der strukturelle Unrechtscharakter des Kolonialismus wird beiseite gedrängt.
Guibeb nutzte weiter die Gelegenheit zu äußern, dass es eine Lüge sei, wenn man behaupte, dass in die Reparationsverhandlungen bezüglich des Genozids an den Herero und Nama die Opfergruppen seitens der namibischen Regierung nicht integriert würden. Dabei differenzierte der namibische Botschafter allerdings nicht zwischen Vertretern und Vertreterinnen der diversen Gruppen.
Auch in dieser Debatte gibt es jedoch eine ganze Bandbreite an Positionen und eben auch solche, die von der Regierung Namibias nicht einbezogen werden – die Opfergruppen sind keineswegs homogen. Das betonte auch eine Delegation der Herero und Nama bei ihrem Besuch in Hamburg Anfang April anlässlich des zweiten transnationalen Herero & Nama Kongresses. Die Begrüßungsansprachen des Symposiums im DHM waren folglich in politischen Diskursen verankert und müssen kritisch betrachtet werden.
Auch wenn unklar bleibt, welchen Stellenwert das Padrão im DHM in Relation zu anderen, mit weitaus eindeutigeren Forderungen aus Namibia belegten Dingen in weiteren deutschen Museen – etwa bezüglich gewaltsam entwendeter human remains oder der Ahnenstäbe der Herero – einnimmt: die Offenheit, mit der das Symposium angelegt wurde, und dass es stattfand, ist durchaus positiv zu bewerten. Es wurden Vertreter und Vertreterinnen unterschiedlicher Disziplinen und Arbeitsbereiche eingeladen und die Diskussionen waren für die breite Öffentlichkeit zugänglich.
Man darf gespannt sein, wie die Ankündigung des DHM, dass dieses Treffen als Auftakt einer Veranstaltungsreihe zum Thema „Historische Gerechtigkeit“ gedacht wurde, umgesetzt werden wird. Es ist durchaus wünschenswert, dass mehr detaillierte (Objekt-)Geschichten aus der Kolonialzeit in die Öffentlichkeit getragen und reflektiert werden. Das würde mehr Transparenz in die aktuellen Debatten in den Wissenschaften, Museen und der Öffentlichkeit tragen, zumal hier dazu tendiert wird zu generalisieren, was den Geschichten, die mit Kulturgütern und human remains verbunden sind, nicht gerecht wird. Restitutionen, wenn sie denn beschlossen werden, können nicht einheitlich gestaltet werden und sollten keinesfalls ein bloßes „Abschieben“ von Gegenständen problematischer Provenienz sein.
Nach einer Keynote des Universitätsprofessors Fransisco Bethencourt (King‘s College, London), der die Translokationen von Objekten im kolonialhistorischen Kontext in den unmittelbaren Zusammenhang mit dem kolonialen Projekt der Unterwerfung bzw. Eroberung stellte, folgte das erste Panel zum Thema „Postkolonialismus und Historische Gerechtigkeit“. Leider war es Achille Mbembe (University of Witwatersrand, Johannesburg), der als Redner auf dem Programm stand, nicht möglich zum Symposium zu erscheinen. Jedoch waren die Vorträge von Lukas H. Meyer (Karl-Franzens-Universität, Graz) und Sophie Schönberger (Universität Konstanz) sehr hörenswert.
In den Debatten um die Rückgabe von Kulturgütern ist die Antwort „Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, nur politisch-moralische Entscheidungsüberlegungen“ zu einer Art Reflex geworden. Und es stimmt. Wie auch Schönberger aus juristischer Perspektive bestätigte, gibt es keine rechtlich normierte Gerechtigkeitsvorstellung, mit der historische Systeme strukturellen Unrechts heute richtbar gemacht werden können. Dementsprechend gibt es keine juristischen Vorgaben, die den Umgang mit in der Kolonialzeit verbrachten Kunst- und Kulturgütern regeln. Das heißt jedoch nicht, dass es keinen Handlungsspielraum gibt.
Das Problem liegt mitunter daran, dass es eine internationale Richtbarkeit geben muss und die Gesetze der Überarbeitung bedürfen – zumal nach dem Ist-Stand die historisch geltenden Gesetze aus der Kolonialzeit für heutige Prozesse angewendet werden müssten. Warum historische Legislativen der Kolonialmächte hierbei mehr Wert zu haben scheinen als die der Menschen in den kolonialisierten Gebieten wird nicht diskutiert, sondern gilt gewissermaßen als common sense. Eurozentrismus und europäischer Überlegensheitsdünkel sind keine bloßen historischen Phänomene, sondern bleiben auch in vermeintlich objektiven Wahrnehmungszusammenhängen, wie etwa Gesetzen, persistent. Damit die sogenannten Herkunftsgesellschaften, die häufig mit Vertretenden der heutigen Nationalstaaten zu Unrecht gleichgesetzt werden, nicht mehr in der Position der Bittsteller auftreten müssen, muss sich in einem politischen Prozess geeinigt werden. Von diesem Prozess sind weder die Gesellschaft, noch der Staat, noch die Institutionen ausgeschlossen, sondern können und sollten sich durch „gestaltendes Wollen“ miteinbringen, so Schönberger.
Meyer analysierte moralisch-normative Betrachtungen der Rückgabe der Wappensäule und zeigte Legitimationsnarrative auf. Er betonte, dass nach verschiedenen Rationalitäten argumentiert wird, bei denen jedoch namibische Perspektiven kaum einbezogen werden und moralisierende Argumentationen interessengeleitet sind. Es gäbe jedenfalls ebenso keinen stichhaltigen Grund, warum das Padrão nicht zurückgegeben werden sollte und die Museen könnten schließlich autonom agieren. Inwieweit letzteres zutrifft, muss hinzugefügt werden, ist streitbar, wenn man bedenkt, dass die meisten Museen in staatlichem oder städtischem Besitz sind. Ob in der Politik ein Interesse besteht in diesem Kontext rechtlich verbindliche Rahmenbedingungen zu schaffen, bleibt weiterhin fraglich. Jedoch machte Meyer einen nicht unbedeutenden Punkt, indem er auf bereits durchgeführte Restitutionen verwies. Eine nicht vorhandene einheitliche Regelung schließt folglich nicht aus, dass Rückgaben durch Museen möglich sind.
Das zweite Panel „Namibisch-Deutsche Geschichte(n) und ihre museale Präsentation“ wurde von Dag Henrichsen (Universität Basel), Ellen Ndeshi Namhila (University of Nambia, Windhoek) und Jeremy Silvester (Museums Association of Namibia) bestritten und gab erhellende Einblicke in (museale) namibische Perspektiven.
Henrichsen zeigte die Vielfalt von Geschichtsnarrativen auf und plädierte dafür lokale Narrative wahrzunehmen. Diese finden sich nicht nur in oralen Historiographien, sondern auch in literarischen Texten. Insbesondere hob er die Gattung der praise poetry hervor, die auch als unsichtbare Monumente oder Erinnerungsstätten gelesen werden könne. Die Küstenregion, die bis heute mit dem kolonialreferenziellen Namen „Cape Cross“ bezeichnet wird, habe viele weitere lokale Namen, die sich auf gänzlich andere Eigenschaften des Gebietes beziehen und in deren Konnotationen die Kolonialmarker in Form von Steinkreuzen keine Rolle spielen. Sein Vortrag war ein wichtiger Verweis auf den bis heute fortwirkenden kolonialen Blick auf die Welt.
In der Abschlussdiskussion des zweiten Panels meldete sich Guibeb aus dem Publikum. Bezugnehmend auf Namhilas Vortrag zu den Witbooi-Dokumenten und deren Genese vom kolonialen Raubgut zum UNESCO-Weltdokumentenerbe, verkündete er, dass das Lindenmuseum Stuttgart die Witbooi-Bibel zurückgeben wird. Das ist eine erfreuliche Nachricht, zumal sich Namhila unter anderem dafür aussprach, dass die Dokumente des Widerstandskämpfers Hendrik Witbooi möglichst vollständig in Namibia verwahrt werden sollten. Nun wusste man von der Bibel aus seinem Besitz schon lange, dass sie in Stuttgart ist, doch auch hier dauerten die Debatten um eine Rückgabe lange an – wie diese nun konkret umgesetzt werden wird, ist von zentraler Bedeutung und immer noch unklar.
Viele Dokumente tauchen jedoch erst nach und nach auf und so forderte Namhila denn auch öffentliche Institutionen und Privatleute auf, ihre Nachlässe und Magazine auf weitere Stücke zu prüfen. Man könne nur Dinge zusammenführen und zurückgeben, von denen man wisse und deren Standorte bekannt sind. In Namibia werden die vorhandenen Dokumente transkribiert, digitalisiert und veröffentlicht, die Originale sorgsam verwahrt. Ein wichtiger Punkt in der Kolonialgeschichte, so die Bibliotheks- und Archivwissenschaftlerin, liege darin, dass den Kolonialisierten Bildung versagt wurde. In Rückgabeprojekten sieht sie eine wirkliche Chance für einen gleichberechtigten Wissensaustausch, der jedoch nur dann gelinge, wenn es auch einen Bildungsaustausch gäbe. Mit der simplen Übergabe eines Objektes sei dieser Prozess nicht abgeschlossen, mahnte Namhila.
Silvester sprach sich ebenfalls als „gnadenloser Optimist“ – so seine Selbstbezeichnung – dafür aus, dass Museen Restitutionsersuchen und -debatten als chancenreiche Prozesse und nicht als Bürde begreifen könnten. Auch er sah eine der großen Herausforderungen im Generieren von Wissen um Objekte, ihre Verwahrungsorte, ihre Biographien und ihre kulturellen Bedeutungen. Er plädierte für eine Wahrnehmung musealer Institutionen als Museen im Prozess, die Wege finden mit communities in Kontakt zu treten und sich als Katalysatoren einer globalen Dialogbereitschaft zu positionieren. Im Zuge von Provenienzforschungen initiierte Gespräche und Kooperationen seien wesentlichere Beiträge im Sinne einer historischen Gerechtigkeit als eine unkommentierte Rückgabe.
Bemerkenswert an der Abschlussdiskussion waren vor allen Dingen einige Äußerungen von Ruprecht Polenz, dem Sondergesandten der Bundesregierung für die deutsch-namibische Vergangenheitsbewältigung. Nicht nur bezeichnete er die Ermordung von Herero und Nama in den Jahren 1904-08 explizit als Völkermord, während Grütters eingangs von „Gräueltaten“ sprach: „Es ist ein Völkermord. Da gibt es nichts mehr zu verhandeln, da sind sich die deutsche und die namibische Seite einig“. Derzeit würde noch über Modalitäten nachgedacht, wie man um Vergebung bitten könne, räumte Polenz ein. Das ist zwar noch keine Anerkennung des Genozides durch den Bundestag und auch noch keine offizielle Entschuldigung der Bundesregierung, wie man einwenden könnte, aber es ist ein Schritt in einem wichtigen und notwendigen Prozess.
Eine weitere vielversprechende Ankündigung, auf deren Umsetzung man gespannt bleiben kann, bezieht sich auf Bildungsprojekte der Deutsch-Namibischen-Zukunftsstiftung, die laut Polenz nach dem Vorbild der „Aktion Sühnezeichen“ aufgebaut werden sollen. Inhaltlich sollen Schulbücher und Jugendaustausch-Programme im Fokus stehen. Auch hier liegt ein Versprechen in der Luft, das viel erwarten lässt. Wann und wie konkret Handlungen folgen, sowie Wissen ausgetauscht, vielstimmig vermittelt und transparent gemacht wird, wird ganz entscheidend für zukünftige Kooperationen sein.
Die Veranstaltung zeigte insgesamt recht eindrücklich, dass viel guter Willen vorhanden ist. Sie zeigte auch, dass noch viel zu tun ist, noch viele Gespräche geführt werden sollten und ganz konkrete Handlungen nötig sind. Es wäre wünschenswert, wenn der Drang eine allgemeingültige Lösung zu finden nicht Hauptaspekt der Debatten bleiben würde, wenn mit dem Begriff Provenienzforschung nicht nur Repatriation mitgedacht würde. Natürlich sollte man auch hier weiterarbeiten, jedoch könnten mehr Symposien dieser Art, mehr Objektgeschichten zu einer Austauschform werden, die einen eigenen Wert hat, indem Geschichtsnarrative pluralisiert und Wissenshierachien aufgebrochen werden können.
[1] Als eines der bekanntesten kritischen Projekte ist an dieser Stelle die Initiative „Kolonialismus im Kasten“ zu nennen.