Diese Woche startet unser Podcast „Denkmalsturz“. In dieser Reihe veröffentlichen wir Interviews mit Zeitzeug*innen und Expert*innen um die Stürze der Denkmäler der beiden Kolonialoffiziere Hermann von Wissmann (1853-1905) und Hans Dominik (1870-1910) vor dem Hauptgebäude der Universität Hamburg 1967/68 zu beleuchten.
Arwed Milz, Student der Universität Hamburg und SDS-Mitglied ab 1965, erzählt im Interview, wie er die Reihe der Denkmalstürze 1967/68, aber auch die Auseinandersetzung mit dem Denkmal in den Jahren zuvor erlebte – von der anfänglichen Aufklärungsarbeit bis zur tatsächlichen Organisation und Durchführung von Aktionen, Happenings und Sturzversuchen. Dabei zeichnet er ein Bild des historischen Kontextes der 1960er Jahre und bettet die Denkmalstürze so in eine Kontinuität der hochschulpolitischen Beschäftigung mit Fragen der internationalen Solidarität ein.
Vor seinem Studium hatte Milz als Bauschlosser bei Blohm & Voss gearbeitet, war in Gewerkschaften aktiv gewesen und hatte schon damals beschlossen, dem SDS beizutreten, sobald er sein Studium beginnen würde. Nach Abschluss seines Studiums arbeitete er hauptamtlich in Gewerkschaften und engagiert sich seit seiner Rente in der Entwicklungszusammenarbeit in Westafrika. „Internationale Solidarität“ ist für ihn also weit über die Student*innenbewegung hinaus ein Thema geblieben.
Wie Milz im Interview erklärt, versteht er die Denkmalstürze vor allem als Teil internationalistischer Kampagnen, die sich solidarisch mit Befreiungsbewegungen im Globalen Süden zeigten, denn als hochschulpolitisches Engagement oder als Versuch der Auseinandersetzung mit dem historischen Kolonialismus.
Das Interview führten Lisa Hellriegel und Kim Sebastian Todzi.
[/fusion_text][/fusion_builder_column][/fusion_builder_row][/fusion_builder_container]
29. Juni 2019 um 16:18 Uhr
Ein höchstinteressantes Interview! Arwed Milz ist zuzustimmen, dass es nicht genügt, Geschichte als Historiker aufzuarbeiten, zu hinterfragen und zu bewerten. „Aus der Geschichte lernen“ bedeutet auch, aus diesem Lernresultat Schlussfolgerungen für die Gegenwart und Zukunft zu ziehen. Der klassische Kolonialismus bis in die 1960er Jahre ist transformiert worden in eine geostrategische Handels- und Militärpolitik, die die Länder und Völker der „Dritten Welt“ in einer anhaltenden Abhängigkeit von den (nicht nur) westlichen Industrieländern gefangen hält.
Arwed Milz´ Aussagen sind ein lehrreiches Zeugnis dieser fatalen Entwicklung und zugleich eine Anregung, sich diesem Prozess zu widersetzen und übervorteilende Handelsdiktate wie auch direkte und/oder indirekte militärische Interventionen gegenwärtig und künftig zu verhindern.
Dieses Interview sollte nicht nur in universitären Seminaren „konsumiert“, sondern einer breiteren Öffentlichkeit an prominenter Stelle zur Kenntnis gebracht werden.