Anlässlich des Schwerpunktthemas ‚Eine Welt 2.0 – Dekolonisiert euch!‘ sprach Prof. Dr. Jürgen Zimmerer im Interview mit Deutschlandfunk Kultur über die Geschichte des deutschen Kolonialismus. Dieser sei seit der Frühen Neuzeit mit der gesamten Europäischen Expansion eng verbunden gewesen und lasse sich deshalb nicht auf die Zeit der formalen deutschen Kolonialherrschaft von 1884 bis 1919 reduzieren. Ein bemerkenswertes Spezifikum dieses offiziellen deutschen Kolonialismus sei es allerdings, dass selbst die – von allen europäischen Staaten praktizierte – Ausbeutung bürokratisiert worden sei: „ausgebeutet haben alle Europäer, aber die Deutschen haben immer eine Verordnung dazu erlassen.“

Zudem sei die Verbindung zum „zweiten Versuch einer deutschen Kolonialreichsgründung“ während des Zweiten Weltkriegs in Osteuropa bemerkenswert. Ähnlichkeiten fänden sich beispielsweise im Konzept von einem „Rassestaat“ und weiteren Auswirkungen der etwa in Südwestafrika geprägten „kolonialen Vorstellungswelt“. Die Aufarbeitung des deutschen Kolonialismus sei zudem durch die vorrangig betriebene Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus nach 1945 lange ausgebremst worden, so Zimmerer – was sich bis heute mitunter in verklärenden oder nostalgischen Darstellungen des deutschen Kolonialismus wiederspiegele.

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