Über die möglichen Folgen der Coronakrise auf die Globalisierung sprach Prof. Dr. Jürgen Zimmerer im Interview mit SWR2. Mit Verweis auf seinen Beitrag im Tagesspiegel betonte er, dass zwischen Krankheitserregern und Globalisierung ein jahrhundertealter Zusammenhang bestünde: Die bis zu 90 Millionen Toten auf dem amerikanischen Kontinent durch aus Europa übertragene Krankheiten erleichterten die Ausbreitung der Kolonialmächte.
Aufgrund der lang etablierten und für die moderne Wirtschaftsordnung erforderlichen globalen Vernetzungen ist trotz aktueller Abschließungstendenzen daher kein Ende der Globalisierung in Sicht, so Zimmerer. Allerdings seien Entwicklungen zu erwarten wie „eine Beschleunigung des Machtverlusts der USA und Europas“ und eine „Schwerpunktverschiebung der Globalisierung nach Asien“. Insbesondere Chinas Rolle in der Welt könne wachsen, auch in Verbindung mit den schon bestehenden globalen Ambitionen etwa in Form der „Neuen Seidenstraße“.
Zusätzlich müsse in Folge der Coronakrise die „globale soziale Gerechtigkeit“ neu gedacht werden, fordert Zimmerer: Auf den ersten Blick scheine es, als seien „vor Corona alle gleich“ – dabei handele es sich aber nur um eine „Momentaufnahme“, weil wohlhabendere Gesellschaften effektiver reagieren können. Zudem müsse ein neuer Normalzustand nicht nur der aktuellen Situation Rechnung tragen, sondern weiterdenken; so sei die „Coronakrise eigentlich nur die kleine Schwester der Klimakrise“.