Die koloniale Globalisierung sah neben der sich intensivierenden Zirkulation von Menschen und Gütern auch die Mobilität von Pflanzen und Tieren, Bakterien und Viren. Letztere führten nicht erst bei Covid-19 zur besonders rasanten weltweiten Verbreitung von Krankheiten und Seuchen. Zugleich brachten die Kolonialmächte – ausgehend von der ‚Tropenmedizin‘ zur Vorsorge für Soldaten und Beamte, Siedler*innen und Missionare – auch europäische Gesundheitsvorstellungen in kolonisierte Gebiete mit. Dabei zeichnet sich die weltweite Ausdehnung (post-)kolonialer Biopolitik durch die Gleichzeitigkeit hygienischer Disziplinierungsdiskurse, rassistischer Bevölkerungspolitik und der Durchsetzung europäischer Gesundheitsvorstellungen aus.

Mehr zum Thema: Prof. Dr. Jürgen Zimmerer im Tagesspiegel, 31.3.2020

Laufende und beantragte Vorhaben:

  • Human Remains aus kolonialen Kontexten in der Hamburger Psychiatrie (Kooperation mit Institut für Geschichte und Ethik der Medizin und Medizinhistorisches Museum Hamburg, UKE) – Seit 2017 läuft die Aufarbeitung der Human Remains der ehemaligen Sammlung Friedrichsberg: Eine erste Restitution erfolgte bereits 2018.
    Einen teilbewilligten Antrag beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste zogen die Antragsteller Prof. Dr. Phillip Osten und Prof. Dr. Jürgen Zimmerer 2019 aufgrund einer Verengung der geplanten Provenienzforschung zurück.
  • Die koloniale Dimension der Forschungen Robert Kochs – Prof. Dr. Jürgen Zimmerer veröffentlichte mehrere Beiträge zur kolonialen Forschungstätigkeit des Namensgebers des Robert-Koch-Instituts und zur Debatte um den Institutsnamen. (Überblick)
  • From ‘Asiatic‘ Cholera to ‘Chinese’ Virus: Racism and Conspiracy Theories in Times of Pandemics (Kooperation mit Institut für Geschichte und Ethik der Medizin und Medizinhistorisches Museum Hamburg, UKE) – Dass Rassismen und Vorurteile in Zeiten von Pandemien Hochkonjunktur haben, demonstrierten die Debatten um Covid-19 als ‚Chinese Virus‘ Anfang 2020. Ähnliche Dynamiken entstanden jedoch schon bei früheren Krankheitsausbrüchen wie der sogenannten ‚Asiatischen‘ oder ‚Orientalischen‘ Cholera in den 1820er und 1830er Jahren. Rassische Zuschreibungen verbanden sich mit kolonialen Machtverhältnissen zu einem eurozentrischen Überlegenheitsdiskurs über Hygieneverhältnisse.
  • (Post-)koloniale Geschichte der Tropenmedizin (Arbeitstitel) – Dr. Markus Hedrich arbeitet über die Geschichte des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin und der (Post-)koloniale Geschichte der Tropenmedizin im Allgemeinen.

Ebenfalls in Kooperation mit dem mit Institut für Geschichte und Ethik der Medizin und dem Medizinhistorischen Museum Hamburg, UKE werden zurzeit weitere Projekte vorbereitet:

  • Global Transfers of Medical Knowledge
  • Bias “Race”? How a Concept Influences Scientific Thought.
  • Cultural Reactions to Diseases (From the “Decamerone” to “Outbreak”)
  • Diseases in Colonial Conquest: A Global Comparative View
  • Sickness and Solitude: Practices of Isolation and Separation in the First Global Age