Von Isabel Katjavivi – zum Beitrag in der englischen Version

 

Montag, 9:30. Verwurzelt im Boden. Gesichter verschmelzen mit dem Land. Blut im Land. Auftauchende Körper. Körper verschmelzen mit dem Land. Ausgegrabener weißer Stoff. Zum Vorschein gebrachte Leiber im Land. Stoff über Leichen gebreitet. Hart gewordener Stoff. Festgeklebter Sand darüber. Tauchen im Land auf. Pflanzen wachsen aus den Leibern. Ein Haufen mit Gesichtern. Arme. Körperteile. Haufen mit Gesichtern. Arme. Körperteile, die Schatten werfen, wenn sie aufleuchten. Schatten einer Persönlichkeit. Ahn*innen, die uns beistehen. Uns widerspiegelnd. Uns erschaffend. Die Verantwortlichkeit der Einzelperson. Durchscheinender Stoff einen Körper einhüllend. Ein Körper aus Gesichtern gemacht. Individuen gegen Gemeinschaft. Auf uns projektierte Schrecken. Einer. Jetzt. Die Gegenwart. Fotografie einer Erinnerungslandschaft. Von Wasser übermalt. Schöngefärbte Geschichte. Verdeckend. Vergessend. Performativ. Fixieren. Reinigung. Die Fotografie entwickeln, um zu enthüllen. Reinigung des Historischen. Erinnerung an das Land. Performer, der einen „Körper“ trägt. Gemacht aus Gesichtern in durchscheinendem Stoff. Allmählich aus dem Stoff hervortretend. „In das Land“ zurückgelegt werden. Vor der Landschaft der Erinnerung. Teile. Fragmente einer Person. Gemeinschaft. Verstreut. Ist dort ein Gebet? Reinigen. Das Selbst. Reinigen. Das Land. Zurückkehren. Verorten. Wieder besuchen. Im Boden verwurzelt. Sich wieder verschmelzen. Mit dem Land. Individuen gegen Gemeinschaft. Viele Gesichter. Erinnerungslandschaft. Körper. Durchscheinender Stoff. Hervortretend. Verpackt. Wieder zurückgelegt. In das Land hinein. Fragmente von Personen. Geformte Geschichte. Untergetauchte, verhüllte Geschichte. Der Stoff. Verhüllt. Etwas ist. Verhüllend. Prozess. Von wo aus sprechen wir? Wir sprechen vom Grab aus. Nicht versteckt. Durchsehen. Gesichter locker in ein Leichentuch gewickelt. Gebunden. Gewickelt. Wir sind aneinander gebunden durch den Stoff. Wir sind an die Geschichte gebunden. An die Leute. Wir sind Teile. Wir sind Fragmente. Eine Menge von Leuten, die aus dem Grab rufen. Stoff ist ein Leichentuch über der kolonialen Geschichte. Aller Geschichte. Der deutschen. Apartheid. Namibischer Freiheitskampf. Massengräber. Viele Gesichter als ein Körper. Die Macht vieler Stimmen. Die Gemeinschaft. Wir jetzt. Die Ahn*innen. Einzelne Teile. Einzelne Menschen. Eine kollektive Stimme formen. Auftauchende Körper. Im Boden verwurzelt. Im Land platziert. Erinnerung an das Land. Massengräber im Land. Apartheid. Cassinga. Koloniale Vergangenheit. Freiheitskampf. Fragmente unserer selbst. Unsere geschichtlichen Ahn*innen. Viele Gesichter. Viele Gestorbene. Vom Grab aus sprechend. Denen ohne Stimme ihre Stimme zurückgebend, indem man ihre Geschichten teilt. Die Macht der vielen Stimmen ausstellen. Von uns jetzt und von unseren Ahn*innen. Wir sind aneinander gebunden durch den Stoff. Der Stoff stellt die verhüllte Geschichte dar.

Wir sprechen vom Grab aus.

aufgebaute Installation im Freien

INSTALLATION VIEW OF “WE SPEAK FROM THE GRAVE” BY ISABEL KATJAVIVI

Isabel Katjavivi

Foto: FWDWS?

Isabel Katjavivi behandelt Traumata aus vorkolonialer Zeit, der deutschen Kolonialherrschaft, der südafrikanischen Besatzung und Apartheid, des namibischen Freiheitkampfes und jetzige Traumata nach der Befreiung. Isabel verbindet Körper, Strukturen und Land in ihrer Arbeit und drückt damit aus, dass all diese Behältnisse jener Traumata sind. Sie reflektiert die Form, wie das Land Zeuge und Opfer war, wie die Körper niederfielen und Menschen in Gruppen kategorisiert wurden, womit eine Bank der Erinnerung geschaffen wurde.