„Und das war für mich eine absolute Initialzündung, zu wissen, dass auch meine Vorfahren Kämpfer waren. Und dass sie für Gleichbehandlung gekämpft haben, das hat mich stolz gemacht und mich auch bestärkt, in meinem eigenen Aktivismus weiterzumachen“. Das sagt Abenaa Adomako, Mitbegründerin der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland, im SWR2-Feature ‚Black Power in den Goldenen Zwanzigern‘ des Journalisten David Siebert.

Gemeinsam mit ihrem Bruder Roy Adomako begibt sie sich auf Spurensuche in ihrer Familiengeschichte. Hörer*innen begegnen ihrem Urgroßvater Mandenga Diek, der Ende des 19. Jahrhunderts aus der damaligen deutschen Kolonie Kamerun als Kaufmann ins Kaiserreich kam. Er und sein ebenfalls aus Kamerun stammender Schwiegersohn, der in der Weimarer Republik berühmte Schauspieler Louis Brody, engagierten sich in den 1920er Jahren für die Gleichberechtigung Schwarzer Menschen – unter anderem im ‚Afrikanischen Hilfsverein‘. Dieser war bei seiner Gründung 1918 eine der ersten Organisationen in Deutschland lebender Schwarzer Menschen und diente vor allem der Vernetzung und wechselseitigen Hilfe. Die Geschwister Adomako erzählen auch von ihrer Großmutter Erika Ngambi und deren Schwester Doris Reiprich, die für das 1986 erschienenen Buch ‚Farbe bekennen‘ über ihre Kindheit und Jugend in Kaiserreich, Weimarer Republik und Nationalsozialismus berichteten. Das Buch gilt als ein Gründungsdokument der afrodeutschen Frauenbewegung und als Meilenstein der Erforschung Schwarzer Geschichte in Deutschland.

Bei ihrer Spurensuche kommen Seibert und die Geschwister Adomako ins Gespräch mit Wissenschaftler*innen und Vertreter*innen verschiedener zivilgesellschaftlicher Initiativen. In Hamburg sprechen sie mit Kim Todzi von der Forschungsstelle Hamburgs (post-)koloniales Erbe, der die Geschichte des Woermann-Konzerns erforscht hat. Mit einem Woermann-Schiff kam vor mehr als hundert Jahren Mandenga Diek über den Hamburger Hafen nach Deutschland, aber auch wer aus Deutschland in die Kolonien ging, nahm oftmals in Hamburg einen Woermann-Dampfer: Kolonialbeamte, Missionar*innen und Soldaten. Kim Todzi identifiziert eine Reihe von kolonialen Straßennamen in Hamburg als „ganz bewusst in den 1920er Jahren nach dem Verlust der Kolonien gesetzte erinnerungspolitische Botschaften, die sagen sollten: Wir wollen als Deutsches Reich die durch den Versailler-Vertrag abgetretenen Kolonien wieder zurück erlangen.“

Solche Spuren der Kolonialgeschichte finden sich an vielen Orten, nicht nur in Hamburg. Oftmals fehlt aber eine kritische Einordnung. Romantisierende Vorstellungen der Kolonialzeit lassen nicht nur die Geschichte und Gegenwart kolonialer und rassistischer Gewalt unter den Tisch fallen, sondern meist auch die lange Geschichte des Widerstands dagegen. Das SWR2-Feature ‚Black Power in den Goldenen Zwanzigern‘ rückt diese Geschichte in den Fokus. Die Gefahr, gewaltvolle Verhältnisse – wie etwa Rassismus – im Sprechen über sie zu reproduzieren, wird dabei anschaulich thematisiert, wenn auch leider nicht konsequent vermieden. Dennoch entsteht ein spannendes Panorama der Geschichte und Gegenwart Schwarzer Selbstorganisation und antirassistischer Politik, das zahlreiche Menschen zu Wort kommen lässt, die sich heute für die Sichtbarmachung Schwarzer Perspektiven engagieren.

Zum Feature ‚Black Power in den Goldenen Zwanzigern – Afrodeutsche auf Spurensuche

von David Siebert
mit Abenaa und Roy Adomako (Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland),
Robbie Aitken (Sheffield University),
Magdalene Mintrop (Hafengruppe Hamburg),
Kim Todzi (Forschungsstelle Hamburgs (post-)koloniales Erbe),
Anna Yeboah (Dekoloniale)
und Gisela Ewe (Universität Hamburg).