Die Erinnerung an Holocaust und Kolonialismus stünden in Konkurrenz zueinander, heißt es. Wie man sie ins Gespräch miteinander bringt und wie die Erinnerungskultur davon profitieren kann, das wollen wir gemeinsam mit der Bildungsstätte Anne Frank diskutieren, im Rahmen der Blickwinkeltagung 23 zum Thema „Umkämpftes Erinnern. Gedenken an Nationalsozialismus und Kolonialismus“ am 19. und 20. Juni in Hamburg.
Die Tagungsreihe „Blickwinkel. Antisemitismus- und rassismuskritisches Forum für Bildung und Wissenschaft“, die den Austausch und die Vernetzung zwischen Wissenschaft und pädagogischer Praxis zu diesen Themen fördern soll, findet seit 2011 mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Kooperationspartner*innen statt. Angesichts des oft polarisierenden Konflikts rund um Antisemitismuskritik und Postkolonialismus, der sich in den letzten Jahren etwa an der Debatte um den Historiker und Philosophen Achille Mbembe oder an der documenta fifteen entzündete, stellt die Tagungsreihe dieses wahrgenommene Konkurrenzverhältnis in den Fokus.
Die Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe“ ist dieses Jahr Gastgeberin für die Bildungsstätte Anne Frank und weitere Kooperationspartner*innen und lädt nach Hamburg ein, wo die Erinnerung an Kolonialismus und Holocaust auch geographisch eng zusammen liegt. Das zeigt sich etwa am Baakenhafen in der Hafencity, der eine logistische Drehscheibe im Völkermord an den Herero und Nama war. Er befindet sich in unmittelbarer Nähe des Hannoverschen Bahnhofs, der im Nationalsozialismus die zentrale Stelle für Deportationen aus Hamburg war. Im Rahmen der Tagung werden wir die Orte in einer Exkursion besuchen und über Infrastrukturen von Genozid und Holocaust und Formen des Erinnerns an beide ins Gespräch kommen.
Weitere Exkursionen führen in die ehemalige Lettow-Vorbeck-Kaserne und das medizinhistorische Museum. Darüber stehen Impulsvorträge, Podiumsdiskussionen und Vertiefungsworkshops auf dem Programm, in denen deutsche und internationale Perspektiven diskutiert werden und Vertreter*innen aus der Wissenschaft und pädagogischen Praxis ins Gespräch kommen.
So sollen zentrale Fragen nach der Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit, ihren realen Folgen in der Gegenwart und die Beziehung von Holocaust und Kolonialismus jenseits von Opferkonkurrenzen geführt werden.