„Man kann nicht eindeutige Raubobjekte ausstellen, ohne dass man eine Lösung hat, wie man mit Raubkunst eigentlich umgeht.“ – um diese und ähnliche Fragen dreht sich das ausführliche ARD-Interview mit Prof. Dr. Jürgen Zimmerer. Obwohl es schon in 60ern und 70ern Rückgabeforderungen aus den ehemaligen Kolonien gab, wurde das Thema damals von „Museumsleuten beerdigt“, so Zimmerer weiter. Das führte dazu, dass bei Gründung des Humboldt Forums von den Verantwortlichen keinerlei Überlegungen zum Umgang mit Raubkunst angestellt wurden: „Man hat das Problem gar nicht als solches erkannt“, auf Kritik sei mit einer Blockadehaltung reagiert worden.
Dabei sei ein aktiver Umgang der Museen mit ihren Sammlungen erforderlich, so Zimmerer weiter: „Im kolonialen Kontext ist eine Beweislastumkehr notwendig: Das heißt, alles deutet darauf hin, dass Objekte, die unter den Bedingungen des Kolonialismus den Besitzer wechseln, das nicht freiwillig, nicht zu einem fairen Preis getan haben. Deshalb sind die Museen eigentlich in der Bringschuld nachzuweisen, dass etwas nicht gestohlen ist.“ Denn: „Kolonialismus als System war unrecht und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.
Die politischen Debatten der letzten Jahre wie um die Aufarbeitung des Genozids an Herero und Nama oder die Black-Lives-Matter-Bewegung hätten auch in Deutschland zumindest für ein größeres öffentliches Bewusstsein gesorgt, dass es sich um ein bedeutendes, „globales Thema“ handelt. In der Folge seien jetzt Weichenstellungen für den weiteren Umgang mit dem kolonialen Erbe erforderlich: „Wichtig ist ja auch bei der Dekolonisierung, dass wir nicht länger die Rahmenbedingungen vorgeben.“ Im Fall der geraubten Objekte würde das etwa eine Rück-Ausleihe nach Vorstellungen der Herkunftsstaaten bedeuten statt europäischer Kontrolle des Rückgabeprozesses. Dazu müssten sich die europäischen Gesellschaften zu einer Frage positionieren, die sie „aus eigenem Antrieb heraus“ stellen sollten, schloss Zimmerer: „Wollen wir Raubkunst ausstellen, oder wollen wir das nicht?“