Die Gespräche von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller mit Herero und Nama während seiner Namibia-Reise seien möglicherweise sogar kontraproduktiv gewesen, so Prof. Dr. Jürgen Zimmerer in der HR2-Sendung ‚Der Tag‘ mit dem Thema ‚Tschuldigung! Namibia wartet. Deutschland zögert.‘ Müller hatte sich im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die deutsche Entschuldigung für den Genozid der Jahre 1904-08 mit Nachfahren getroffen, allerdings nicht mit den wichtigsten Kritiker*innen des aktuellen Vorgehens wie etwa den offiziellen Vertretungen von Herero und Nama.

Das hält Zimmerer nicht für zielführend: Gespräche nur mit ausgewählten Befürworter*innen der Verhandlungen könnten die Gegner*innen zusätzlich verärgern. Versöhnungsgesten der Bundesregierung seien „leere Symbolik“, solange es keinen Ausgleich für die immer noch fortwirkenden Folgen des Genozids gebe. So müsse man auch die Soforthilfe für die aktuelle Dürre klar von Wiedergutmachung trennen. Letztere sei erforderlich, weil Herero und Nama durch die Kolonialregierung enteignet und so um ihren Grund gebracht wurden, den sie bis heute nicht zurückbekommen haben. Zudem dürfte es nicht bei Gesprächen hinter verschlossenen Türen bleiben: „Ganz wichtig ist, dass man die Geheimverhandlungen beendet.“ Für eine Akzeptanz des Verfahrens sei zivilgesellschaftliche Einbindung in Deutschland erforderlich.

Eine Einbindung anderer Akteure als nur der Regierungen forderte auch Israel Kaunatjike. Die Herero und Nama müssten mitverhandeln können. Ziel müsse eine Landreform sein, sonst würde das Unrecht der deutschen Enteignungen unverändert fortbestehen. Im weiteren Verlauf der knapp einstündigen Sendung sind unter anderem die rechtlichen Hintergründe der Verhandlungen, Kritik an der namibischen Regierung durch Herero und Nama sowie deutsche Verbrechen in anderen Kolonien Thema.

Zur Aufzeichnung: https://www.hr2.de/gespraech/der-tag/podcast-der-tag/tschuldigung-namibia-wartet-deutschland-zoegert-,podcast-episode-56792.html

Auch das Schweizer Radio berichtete über die Reise des Entwicklungsministers nach Namibia: https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=7e1b4510-f9d8-49f8-987e-737f1a66b5c7