Kolonialsoldaten haben in kolonialen Herrschaftssystemen eine zentrale Rolle eingenommen, da sie notwendig waren, um den kolonialen Machtanspruch gegen den Widerstand der Kolonialisierten mit Gewalt durchzusetzen. Die Frage nach der kulturellen und gesellschaftlichen Bedeutung der weißen deutschen Kolonialsoldaten, als Repräsentanten und öffentlich sichtbares Symbol der kolonialen Herrschaft im deutschen Kaiserreichs, bildet den Ausgangspunkt für das Promotionsprojekt von Jan Kawlath. Damit wendet sich der Forschungsblick von der Peripherie zur Metropole hin und fragt, wie sichtbar Kolonialismus im Kaiserreich war.

Konkret wird in dem Projekt untersucht, wie die Truppentransporte der Kolonialsoldaten in verschiedenen Städten im Kaiserreich inszeniert wurden und dabei eine spezifische koloniale Feierkultur entstand, mit der auf lokaler, regionaler und oft auch nationaler Ebene Vorstellungen von Deutschland als Kolonialmacht inszeniert und kommuniziert wurden.

Jan Kawlath hat Geschichte und Philosophie an der Universität Hamburg studiert und seinen Master in Neuerer Deutsche Geschichte mit Schwerpunkt Deutsche Kolonialgeschichte abgeschlossen. Seit 2019 promoviert er bei Prof. Dr. Jürgen Zimmerer mit einem Stipendium der Rosa-Luxemburg-Stiftung. In der Masterarbeit stehen die Truppentransporte im Baakenhafen in Hamburg während des Kolonialkriegs im heutigen Namibia im Mittelpunkt. Beim Promotionsprojekt wird die Forschungsperspektive auf die Zeit von 1884 bis 1919/20 geöffnet und nimmt verschiedene Städte des Kaiserreichs in den Blick.

Ein erstes Ergebnis des Forschungsprojekts wurde als Blogbeitrag zu Inszenierungen bei Truppentransporten in Bremerhaven im Kontext des sogenannten „Boxerkrieges“ in China 1900/01 veröffentlicht. Im Frühjahr 2019 hat Jan Kawlath als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Theaterstück „Hereroland“ von David Ndjavera und Gernot Grünewald am Thalia Theater beratend mitgearbeitet. Zum Baakenhafen als postkolonialen Erinnerungsort gibt es auf dem Blog der Forschungsstelle ein Interview mit Jan Kawlath von Tania Mancheno zu hören und zwei Beiträge bei online Kartenprojekten von hamburg-global und dem Goethe-Institut.