Von Nicola Brandt – zum Beitrag in der englischen Version

Solidarität setzt nicht voraus, dass unsere Kämpfe dieselben Kämpfe sind oder dass unser Schmerz derselbe Schmerz ist, auch nicht, dass sich unsere Hoffnung auf dieselbe Zukunft richtet. Solidarität schließt sowohl Engagement und Arbeit ein als auch das Erkennen, dass selbst wenn wir nicht dieselben Ansichten, dieselben Lebensweisen oder dieselben Körper haben, wir doch auf gemeinsamem Boden leben. – Sarah Ahmed

Trotz der außergewöhnlichen Umstände in diesem Jahr ist es wunderbar zu sehen, wie dieses bedeutende Projekt doch noch wieder entsteht in Namibia.  

Obwohl ich bedauerlicherweise nicht persönlich anwesend sein konnte und meine Beteiligung an dieser Folge von From Where Do You Speak? minimal war, war es inspirierend, aus der Entfernung zu sehen, wie bedeutende Fragen und konstruktive Antworten, die in der ersten Runde von Ovizire/Somgu: From Where Do You Speak? (2018/2019) angesprochen wurden, weiterentwickelt werden. Interdisziplinäre Projekte wie diese sind besonders notwendig vor dem Hintergrund globaler Protestbewegungen in Zusammenhang mit BLM, GBV und scheiternden demokratischen und ökonomischen Systeme in dieser polarisierenden Corona-Ära. 

  

Häuser, die am Gange eines Hügels stehen.

BLICK AUF HAVANA GESEHEN VON DER FRANS NAMBINGA ARTS TRAINING SCHOOL. Foto von Gina Figueira

Geleitet von Vitjitua Ndjiharine und einem Kernteam in Namibia schaffte es das Projekt ein zunehmend unterschiedliches Publikum im Land zu erreichen, insbesondere Jugendliche entlegener Regionen, die nicht so einfach einen Zugang zu Ausstellungen dieser Art oder zu Bildung haben. Als wichtige Fragen wurden erörtert, welche ethischen Vorgehensweisen nötig sind bei der Behandlung schwieriger historischer Begebenheiten der Kolonialzeit, ohne dass es zu Retraumatisierungen kommt oder ein Mangel an Selbstwertgefühl erzeugt wird. Wie soll man, zum Beispiel, sensibel mit der impliziten strukturellen Gewalt dieser Hinterlassenschaften, die in Kolonialarchiven zu finden sind, umgehen? Jenseits der ambivalenten Gefühle, die beim Arbeiten mit diesem Erbe und seinen Abbildungen in den Kolonialarchiven entstehen, müssen die alternativen Wege zur Schaffung eines neuen, bestärkenden Narrativs weiter beschritten werden.  

Man sieht mehrere Menschen, die sich im Freien versammelt haben.

FWDWS? FÜHRUNG DURCH DIE AUSSTELLUNG, 6. NOVEMBER 2020

Kunsterzieher*innen und Dramatherapeut*innen Nashilongweshipwe Mushaandja, Esmeralda Cloete und Silke Berens beteiligten sich daran, Beratung und theoretisches und ethisches Rüstzeug zur Verfügung zu stellen, das anzuwenden ist, wenn ein jüngeres Publikum angesprochen wird. Ich kann mir vorstellen, dass dieser Schulungsaspekt von qualifizierten Fachleuten weiterentwickelt werden kann, falls das Projekt weitergeführt wird. 

Nach meinem Verständnis sind die Teilnehmenden angeregt worden, Arbeiten in hybriden Formaten für die Endfassung der Ausstellung anzufertigen, insbesondere nachdem sie die Gelegenheit hatten über den Inhalt nachzudenken, welchen der Workshop erzeugte, an dem sie teilnahmen oder moderierten. Ein weiterer Hauptbestandteil dieses Projekts war die Idee die Arbeiten aus den „traditionellen“ künstlerischen Einrichtungen herauszunehmen und alternative Schauplätze zu finden wie die Frans Nambinga Art Training School in Havana (in Zusammenarbeit mit der Start Art Gallery), wo ein breiteres und repräsentativeres Publikum erreicht werden könnte. Ich denke das ist eine exzellente Initiative von denen, die diese Idee hatten, und zeichnet die dezentrale Natur der prozessbasierten Workshops aus. 

Tür mit einem Schild "The Palace of Art". Unter dem Schild hängt ein Ausstellungsplakat der Ausstellung.

DER KUNSTPALAST. FOTO VON GINA FIGUEIRA

Durch diese unterschiedlichen Installationen von Ovizire Somgu/From Where Do You Speak? hat das Zusammenarbeiten dazu beigetragen, die Kenntnis von historischen Ereignissen, die unterdrückt wurde, zu befördern, während gleichzeitig verschiedene Wissenssysteme und Erinnerungsprozesse behandelt wurden. Die Solidarität ermöglichte die Zusammenarbeit verschiedener namibischer Milieus (Herero, Nama, Ovambo, englisch- und deutschsprachige) und indem Kunst und kulturelle Produktionen als ein Ausgangspunkt für die laufenden Diskussionen wurden, eröffnete sich eine bessere Gelegenheit graduell voranzuschreiten zu möglichen Formen der Versöhnung im Land und darüber hinaus. 

Ansicht von zwei Werken von Nicola Brandt in der Ausstellung. Sie hängen an der Wand.

BLICK AUF DIE INSTALLATIONEN VON NICOLA BRANDT IN DER 2020 VERSION DER AUSSTELLUNG FROM WHERE DO WE SPEAK?

Ansicht von zwei Werken von Nicola Brandt in der Ausstellung.

BLICK AUF DIE INSTALLATIONEN VON NICOLA BRANDT IN DER 2020 VERSION DER AUSSTELLUNG FROM WHERE DO WE SPEAK?

Mehr von Nicola Brand in der From Where Do We Speak?-Onlineausstellung

Foto von Nicola Brandt.

Foto: FWDWS?

Nicola Brandt ist eine Künstlerin und Autorin. Brandt hat promoviert in bildender Kunst an der Universität von Oxford. Ihre Arbeiten waren Teil der Gespräche auf Regierungsebene zwischen Namibia und Deutschland von 2015 und wurden ausgestellt auf dem Nama und Herero-Kongress in Hamburg im Jahr 2018.