Die jüngste Debatte um die Aufstellung von acht Prophetenfiguren an der Kuppel des Berliner Schlosses / Humboldt Forum hat erneut gezeigt, dass das Problem rechtslastigen Spender*innen für die Fassadenrekonstruktion – obwohl schon vor Jahren versprochen – keineswegs gelöst ist. Vielmehr wird zunehmend deutlich, dass durch das Geld teilweise anonymer Geldgeber ein christlich – fundamentalistisches Programm in die Schlossrekonstruktion eingeschrieben wurde, welche die Gefahr birgt, das ganze Gebäude zu einem Kristallisationspunkt anti-modernen, anti-demokratischen und völkischen Denkens zu machen. Durch Kuppel, Kuppelkreuz und Kuppelinschrift wird das Stadtschloss zu einem weltlichen Symbol christlicher Dominanzkultur, und dies im Zentrum der Berliner Republik, buchstäblich über den Sammlungen außereuropäischer Kunst im Humboldt Forum.

Die – auf drei Seiten – ungebrochene Rekonstruktion des Berliner Schlosses im Zustand von 1918 radiert als Deckerinnerung buchstäblich die deutsche Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts aus und bietet den Rückbezug auf eine vermeintlich unproblematische Idylle der preußischen Monarchie und des Deutschen Kaiserreich; ein steingewordene Schlussstrich und eine Re-Nationalisierung des identifikatorischen Kerns der Berliner Republik.

Gerade vor diesem Hintergrund ist das Agieren rechtslastiger bis rechtsextremer Spender*innen besonders problematisch. Das Humboldt Forum/ Berliner Schloss als wichtigster architektonischer Identitätskern der Berliner Republik ist zu wichtig, als dass auch nur der geringste Zweifel an der Provenienz der Gelder bestehen bleiben dürfte.

Angesichts des Unvermögens und des mangelnden Willens, hier eine Klärung herbeizuführen, wie auch ein neuer Recherchebericht von Philipp Oswalt auf https://blogs.taz.de/ aufzeigt, fordern wir von den politisch Verantwortlichen, namentlich von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien:

  • Einrichtung einer unabhängigen Fachkommission, welche – analog etwa zum Umgang mit der documenta15 – alle erhobenen Vorwürfe bzgl. der Beteiligung von Personen mit rechtsradikalen, antidemokratischen, geschichtsrevisionistischen, rassistischen oder antisemitischen Haltungen als Spender oder Mitglied und ggfl. Funktionsträger eines spendenden Vereins prüft. Die Kommission ist zudem zu beauftragen, auch proaktiv möglichen weiteren Problemfällen nachzugehen.
  • Für die Überprüfung der der Bauherrin unbekannten Spender*innen (anonyme Spenden) sind hierzu ergänzend Expert*innen zu beauftragen, die keiner Befangenheit unterliegen, die die Vertraulichkeit wahrt und deren Bericht ohne Nennung der Identität der Spender*innen öffentlich gemacht werden kann und gemacht wird. Die Expert*innen haben auch explizit den Auftrag, alle Möglichkeiten auszuschöpfen (etwa nach Geldwäschegesetz etc.), um die Spender jener 25 Millionen Euro zu überprüfen, deren Identität auch dem Förderverein nicht bekannt sind.
  • Alle Spendenbeträge von Spender*innen mit rechtsradikalen, antidemokratischen, rassistischen, geschichtsrevisionistischen und/ oder antisemitischen Haltungen und von anonymen Spenden, deren Provenienz nicht ermittelt werden kann, werden vom Bauherren an gemeinnützige antirassistischen Initiativen übergeben.
  • Die durch solche Spenden ganz oder teilweise finanzierten Bauteile sind zu schwärzen oder anderweitig temporärkenntlich zu machen.
  • Ausschreibung eines künstlerischen Wettbewerbs, der zum Ziel hat, die preußenverklärende äußere Erscheinung des Gebäudes zu brechen, in dem etwa auch Spuren aus der Geschichte des Ortes nach Ende des Kaiserreich (Revolution 1918, Weimarer Republik, II. Weltkrieg, Nachkriegszeit, DDR) in das Bauwerk eingeschrieben werden und somit bislang verdrängte Perspektiven auf die deutsche Geschichte hier sichtbar gemacht werden. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die deutsche Gewaltgeschichte des Zwanzigsten Jahrhunderts nicht hinter den Fassaden verschwindet.
  • Beauftragung einer Organisationsberatung, die – analog zum Umgang mit der documenta15 – untersucht, welche institutionellen Fehler beim Umgang mit Spendengeldern in Hinsicht auf eine Zusammenarbeit mit Personen mit rechtsradikalen, rassistischen, antidemokratischen, geschichtsrevisionistischen und/ oder antisemitischen Haltungen gemacht worden sind und wie zukünftig bei vergleichbaren Vorhaben diese vermieden werden können (Organisatorische Vorgaben, Code oft Conduct, etc.)
  • Beendigung der Zusammenarbeit zwischen Stiftung Humboldt Forum und dem Förderverein Berliner Schloss, der sich von keinem seiner Spender distanziert hat.

Berlin, Hamburg, 3.4.2024

Dr. Max Czollek,Prof. Dr. Philipp Oswalt, PD Dr. Agnieszka Pufelska, Prof. Dr. Jürgen Zimmerer