„Der Sklavenhandel liegt mir sehr am Herzen“.[1] So deutlich brachte Heinrich Carl von Schimmelmann 1778 sein Interesse an dem Geschäft auf den Punkt, das die Plantagenwirtschaft in den Amerikas erst möglich machte. Zweifellos gehörte er zu den größten Profiteuren des Systems, in dem er von den 1760er Jahren bis zu seinem Tod 1782 einer der wichtigsten dänischen Akteure war. Dies sogar in mehrfacher Hinsicht, denn wie selbst im internationalen Vergleich kaum ein anderer Beteiligter verband Schimmelmann persönliche und politische Involvierung in die versklavungsbasierte Plantagenwirtschaft.

Dass Schimmelmann zukünftig eine prominente politische Rolle haben würde, war in zu Beginn seiner Karriere noch kaum zu vermuten. Geboren 1724 in eine Familie von Kaufleuten im vorpommerischen Demmin, begann er seine eigene Karriere im Kolonialwarenhandel, mit Finanzgeschäften und Porzellan. Ab Ende der 1750er Jahre agierte er primär von Hamburg aus, erwarb ein Stadthaus und die nahegelegenen Güter Ahrensburg und Wandsbek im dänischen Holstein. Am Hof in Kopenhagen legte er dann seine zweite Laufbahn hin, die ihm den Posten des Schatzmeisters und den Grafentitel verschaffte. Diese Rolle gab Schimmelmann Zugriff auf die dänische Karibik: Er übernahm 1763 privat vier der größten Plantagen der Inseln, die zuvor in staatlichem Besitz gewesen waren. Doch die Verbindungen der Geschäfte gingen viel tiefer: Schimmelmann besaß Güter in Holstein und Dänemark sowie Manufakturen zur Verarbeitung von Kolonialwaren und zur Produktion von Waren, die in Afrika und der Karibik benötigt wurden. Da er und seine Familie auch bedeutende Anteile an den dänischen Handelskompanien hielten, die Versklavungsfahrten betrieben, lagen praktisch alle Bestandteile des ‚Dreieckshandels‘ komplett in seiner Hand. Nicht nur durch seinen Besitz im Umland, auch durch den Hafen blieb Hamburg mit Altona, Wandsbek und Ahrensburg dabei neben Kopenhagen das zweite Zentrum.

Trotzdem lässt sich ein direkt von der Region Hamburg ausgehender Versklavungshandel in den 1760er bis 1780er Jahren nicht nachweisen.[2] Denn obwohl finanzielle Krisen der Gesellschaften mehrfach eine Neuorganisierung erforderten und die Zeit des merkantilistischen Protektionismus ihrem Ende entgegenging, konnten die Kopenhagener Kompanien ihr Monopol in der Praxis vorerst behaupten. Die dänischen Karibikinseln wie der wichtige Freihafen auf Saint Thomas standen im Gegensatz dazu bereits teilweise dem internationalen Handel offen, den Untertanen der dänischen Krone aus Holstein ohnehin. Daher wuchs der Direkthandel zwischen der dänischen Karibik und Hamburg beziehungsweise vor allem dem dänischen Altona in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stark an. Der ‚Dreieckshandel‘ war zwar für den Nachschub an versklavten Menschen unerlässlich, doch auch immer mehr Schiffe pendelten im reinen Warenhandel direkt zwischen der Karibik und Europa. Schimmelmann beauftragte etwa die Altonaer Reedereifamilie van der Smissen auf dieser Route.

Zum Zeitpunkt des Todes von Heinrich Carl von Schimmelmanns 1782 betrug die Zahl der versklavten Menschen auf seinen Plantagen über 1000. Seine Nachfahren erbten den Besitz und der älteste Sohn Ernst Heinrich von Schimmelmann auch politischen Einfluss: Wie sein Vater hielt er bedeutende Positionen am Hof, unter anderem als Finanz- und später Außenminister. Die 1792 für 1803 beschlossene Abschaffung des Versklavungshandels auf dänischen Schiffen gilt größtenteils als sein Verdienst – dass in den dazwischenliegenden 10 Jahren das Volumen der Verschleppungen anstieg und das System der Plantagenwirtschaft in der Dänischen Karibik noch bis 1848 bestehen blieb, fiel bei der positiven Bewertung des jüngeren Schimmelmanns oft ebenso unter den Tisch wie dessen Rolle als persönlicher Profiteur.

Das Mausoleum für H. C. v. Schimmelmann in Wandsbek. Foto: Julian zur Lage/Forschungsstelle 'Hamburgs (post-)koloniales Erbe'
Das Mausoleum für H. C. v. Schimmelmann in Wandsbek. Foto: Julian zur Lage/Forschungsstelle ‚Hamburgs (post-)koloniales Erbe‘

Doch selbst Heinrich Carl von Schimmelmann blieb lange eine eher positive Figur in der öffentlichen Wahrnehmung, besonders in Ahrensburg und Wandsbek. Das Schloss Ahrensburg sowie sein Mausoleum in unmittelbarer Nähe des Stadtteilzentrums und Verkehrsknotenpunkts Wandsbek Markt sind als Erinnerungsorte erhalten geblieben. Noch deutlicher machte der Bezirk die Würdigung 2006 durch die Aufstellung einer Büste für Schimmelmann in Wandsbek – wo er als wichtige Figur des Ortes beschrieben, der koloniale Hintergrund seines Reichtums aber ausgeblendet wurde. Nach nur zwei Jahren sorgten anhaltende Proteste zivilgesellschaftlicher Gruppen und dem Übergießen der Büste mit Farbe dafür, dass die Verantwortlichen sie wieder abbauten. Weiterhin umstritten bleiben Straßennamen, ebenfalls in Wandsbek, die Schimmelmann ehren. Die für Hamburg wichtigste Symbolfigur aus der Versklavungswirtschaft hat somit viel Aufmerksamkeit für das Thema erzeugt, ohne, dass ein kritischer Umgang sich vollständig durchgesetzt hätte.


[1] Zitiert nach Degn, Christian, Die Schimmelmanns im atlantischen Dreieckshandel. Gewinn und Gewissen, Neumünster 1974., S. 161. Für Detailnachweise der restlichen Inhalte siehe zur Lage, Julian, Heinrich Carl von Schimmelmann: Kolonialgroßhändler und Staatsmann zwischen Hamburg, Kopenhagen und der Karibik, in: Hamburg: Tor zur kolonialen Welt. Erinnerungsorte der (post-)kolonialen Globalisierung, hrsg. v. Jürgen Zimmerer / Kim Sebastian Todzi, Göttingen 2021, S. 503-516.

[2] Dazu ausführlicher: zur Lage, Julian, Die Hochphase des deutschen Versklavungshandels. Akteure aus dem Raum Hamburg und ihre globalen Netzwerke um 1800, in: Zeitschrift für Historische Forschung 49 (2022), S. 665-694, hier S. 667.